"Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen"

Philosophisches zum Nachdenken
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Thaddäus
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Re: "Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen"

Beitrag von Thaddäus »

Paul hat geschrieben: Fr 16. Jun 2023, 20:11 ich wende einfach nur eine andere methode an...kennst du sokrates?
Nein, du wendest keine "Methode" an, jedenfalls keine philosophische. Und Sokrates würde sich im Grabe schämen, wenn er wüsste, dass du versuchst, ihn als Kronzeugen für deine Kaspereien anzuführen.
SilverBullet
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Re: "Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen"

Beitrag von SilverBullet »

Thaddäus hat geschrieben: Do 15. Jun 2023, 19:40In der Philosophie ist eine Tatsache einfach ein wahrer Sachverhalt (unabhängig davon, ob man seine Wahrheit feststellen kann).
Bleiben wir hierfür mal beim Feststellen des Tatsachenstatus.

Der Begriff "Wahrheit" enthält einen Beurteilungsaspekt.
D.h.: man wertet aus, man wägt ab (deshalb ist bei Wahrheit das Symbol der Waage sehr beliebt).
Gibt es bei Tatsachen, also im Moment der Tatsache, den Auswerte- und Abwägevorgang?

Die einfachste Tatsache, die man identifizieren kann, ist vielleicht das Etwas-Nicht-Wissen.
Pendelt da etwas in mir hin und her und letztlich finde ich zu einem Entschluss (und es ist allein meiner Klugheit geschuldet, dass ich immer eine gute Wahl treffe: Überzeugung von meiner Ahnungslosigkeit)?
=> nein, eher nicht.

Tatsachen sind nicht durch ein Hin und Her zu charakterisieren, sondern durch ein "momentanes Zack" und keinerlei Abweichung.
Eine Tatsache ist eine vorliegende Situation ohne Ausweg und muss nicht erst durch Abstempeln/Beweisen zu etwas gemacht werden.

Das ist der für mich so wichtige Punkt:
eine Tatsache ist eine Reaktionseinschränkung und kein Zugeständnis.
Das Vorliegen der Situation ist der dominante Part und der (wahrnehmende) Akteur kann nur noch folgen - er ist ausgeliefert.

Mach den Versuch durch einen Tisch zu gehen, und dir wird zu keiner Zeit das Symbol einer Waage einfallen.

Ich glaube "wahrer Sachverhalt" hat eine sehr starke Verbindung zu Überlegungen rund um "Aussagen" und dreht sich dabei um die Korrektheitseinschätzung (bei Behauptungen).
Das ist nicht das, was vorgeht, wenn du Etwas-Nicht-Weist oder Durch-Einen-Tisch-Gehen-Möchtest.

Vielleicht ist es auch angebracht zwischen dem Moment der Tatsache und der Darstellung/Präsentation der Tatsache zu trennen.
Dieser eine Moment aus Vorliegen und Reaktionseinschränkung ist sozusagen die Tatsache, "wahrer Sachverhalt" betrifft eher das Erfassen dieses Momentes und das Weitergeben dieses Momentes.

Es ist oftmals nicht einfach, aus dem Vorliegen einer Gesamtszene, diejenigen Anteile herauszufiltern, die man minimal als Ursache für die Reaktonseinschränkung und damit als "die Tatsache" anerkennen sollte.
Diese Filterung unterliegt dann durchaus einem Vorgang des Urteilens.

Ich lege mich mal fest, dass ich trennen würde zwischen dem "Einer-Tatsache-Ausgeliefert-Sein" und dem "Erfassen der Tatsache" bzw. dem "Sprechen über die Tatsache".

Das Erfassen der Tatsache, also die Filterung, unterliegt eigentlich wiederum der Auflage, den Tatsachenstatus erreichen zu müssen.
Thaddäus hat geschrieben: Do 15. Jun 2023, 19:40Die korrekte Antwort auf die Frage, wie viele Haare zum Zeitpunkt t1 mit deiner Kopfhaut verwachsen waren, wird immer korrekt sein, obwohl sie möglicherweise kein Mensch kennt und selbst dann, wenn es gar keine Menschen mehr geben sollte und dich schon gleich gar nicht mehr.
Das Überdauern einer Frage und einer Antwort geht grundsätzlich nur in Form einer Speicherung.
Über die Speicherung kann man immer wieder die Frage und die Antwort durchspielen, OK.

Derjenige, der beim Experiment dabei war, speichert die zugehörige Korrektheit als Situation ab und kann sie immer wieder über seine Reaktion als Tatsache (sprich: Reaktionseinschränkung) verwalten.
Das geschieht (in meinem Weltbild) automatisch, weil die Ausgeliefertheit bei der Tatsache (also dem Moment des Vorliegens und der Reaktionseinschränkung) das Reaktionspotential formt.
Es gibt dann letztlich auch für das Erinnern keine Reaktionsalternative (wodurch der Charakter der Tatsache anhält)

Derjenige, der am Experiment nicht beteiligt war, hatte niemals eine vorliegende Situation und wird damit niemals einer entsprechenden Reaktionseinschränkung unterliegen.
D.h. so jemand kann die Korrektheit nicht als Tatsache verwalten.
Natürlich kann er sich ein Reaktionspotential engwöhnen, das Einschränkungen eintlag einer lediglich "übermittelten Tatsache" enthält. Ein Mensch macht dies im Kindesalter wohl sehr intensiv durch: er lernt und verankert Zusammenhänge maximal intensiv und vergisst, woher er sie hat.

Für den "Moment der Tatsache" benötigt man aber ein Vorliegen der Umstände.
Ist man in diesem Moment nicht vor Ort, kann man den Kontakt zu dieser Situation des Vorliegens nicht ersetzen.

Auf mich wirkt deine Formulierung "wird immer korrekt sein", wie eine übergeordnete Perspektive, sozusagen eine Form der "überzeitlichen Speicherung des Momentes".

Wenn man den Moment der Tatsache als eine Situation aus konkreten Wechselwirkungen ansieht, dann verschwindet diese Konstellation sehr schnell wieder, weil die Wechselwirkungen nicht in einem statischen Punkt verharren, sondern der Moment der Tatsache nur ein Standbild innerhalb ständigen Austausches ist.

Wenn man nun die Korrektheit in der Rückschau anspricht, dann stellt sich die Frage, wie liegt diese Korrektheit noch vor, wenn die Wechselwirkungen eine Konstellation erreicht haben, die aus unterschiedlichen Vergangenheitssituationen entstanden sein könnte, wenn also in diesem (späteren) Moment keinerlei Speicherung des vergangenen Momentes der Tatsache vorhanden ist?
Da liegt doch letztlich eine Art "Auslöschen" vor, sodass die Aussage "wird immer korrekt sein" eigentlich zu weit geht (also im Sinne einer ständigen Präsenz).
Dieses "immer korrekt sein" suggeriert ein wenig, ein Überdauern, zu dem man fragen muss: auf Basis welcher Speicherung?
Thaddäus hat geschrieben: Fr 16. Jun 2023, 19:39Jedoch denke ich, dass man nicht ernsthaft bestreiten kann, dass die Geste von Howard eine erhebliche romantische Bedeutung für seine Freundin Bernadette hat. Das dürfte ein wahrer Sachverhalt sein, weshalb es sich um eine Tatsache handelt.
Ja, in Bernadette ist es zu einem kontinuierlichen Vorliegen von Umständen gekommen, auf die sie reagieren musste, also sogar einem Tatsachen-Verlauf.

Aber all diese Tatsachen betreffen ein Vorliegen bei Bernadette.
Der Anhänger ist eigentlich nur soweit involviert, dass die Geschichte, zu der Bernadette Vorstellungen aufbaut, einen konkreten Bezug erhält.
Das Vorliegen des Anhängers ist für Bernadette eine Tatsache (sie hat ja direkten Kontakt), wodurch die Kombination mit der Geschichte eine Art "Tatsachenerweiterung" darstellt und Bernadette anders in der Reaktion einschränkt/festlegt, als es ohne die Geschichte der Fall gewesen wäre.
Es ist (für mich) nicht der Anhänger allein und es ist nicht die Geschichte allein, sondern die Kombination aus Kontakt mit Anhänger und der aktuellen Bernadette, die sich im Nachvollziehen der Geschichte befindet, sorgt für eine konkrete Reaktionseinschränkung, was Bernadette als "die Tatsache ihres Hier und Jetzt" erlebt und in der Erinnerung abspeichert.
Claymore
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Re: "Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen"

Beitrag von Claymore »

Thaddäus hat geschrieben: Sa 17. Jun 2023, 15:00
Claymore hat geschrieben: Fr 16. Jun 2023, 23:42Meiner Ansicht nach ist da rein gar nichts nachgewiesen.
Allgemein anerkannt gibt es beim principium identitatis indiscernibilium von Leibniz gewisse Ausnahmen, z. B. intensionaler Kontext.

Und hier geht es um kontrafaktische Identität, oder Identität über mögliche Welten. Das ist eines der komplexesten philosophischen Probleme - [...]
Zwischen der formallogischen "Identität des Ununterscheidbaren" und dem "principium identitatis indiscernibilium" gibt es einen Unterschied:
Letzteres bezeichnet die Behauptung Leibniz´, dass es keine zwei ganz und gar identischen Dinge geben kann. Deshalb kommt der Wiki-Artikel in seiner Kritik auch auf Elektronen von Atomen zu sprechen, die ununterscheidbar, aber anscheindend nicht identisch sind. Leibniz macht also eine ontologische Aussage.

Die formallogische Identität des Ununterscheidbaren ...
a = b ⟶ ⋁(Fa ⟷ Fb) [= wenn a gleich b ist, dann gilt für alle Eigenschaften von a und b: a hat genau dann die Eigenschaft F, wenn auch b die Eigenschaft F hat]
... sagt dagegen lediglich aus, dass WENN zwei Dinge a und b identisch sind, DANN haben sie exakt dieselben Eigenschaften. Ein Sternanhänger, der auf der ISS war (Wα) und ein Sternanhänger in einer möglichen Welt WZ, der nicht auf der ISS war, haben freilich unterschiedliche Eigenschaften, denn über den einen ist ein Sachverhalt war, der über den anderen nicht wahr ist. Und das bedeutet, dass sie logisch also nicht identisch sein können (obwohl es materiell derselbe Sternanhänger ist, also dasselbe DING).
Also, ich beschränke mich jetzt darauf, beim Rest stimme ich Dir mal zu, da es eh nebensächlich ist.

Dass für Leibniz auch die Rückrichtung des Gesetzes gelten sollte, stimmt. Also hast Du recht, korrekt wäre gewesen indiscernibilitas identicorum und nicht identitas indiscernibilium.

Aber das betrifft doch nicht mein eigentliches Argument, wo es mir doch ganz klar nur um die Hinrichtung ging.

Auf die bezog sich auch Antoine Arnauld gegenüber Leibniz: hätte er geheiratet, wäre er doch immer noch Arnauld gewesen; zwar mit einer anderen Biografie, aber dennoch die gleiche Person.

Man merkt schnell, dass die Anwendung der Identität über verschiedene mögliche Welten hinweg etwas sehr Vertracktes ist.

Kommt es Dir nicht seltsam vor, dass Du derart weitreichende und bedeutende Aussagen durch ein paar Logik-Spielereien beweisen kannst?

Schauen wir mal in die Stanford Encyclopedia of Philosophy, die hat dazu einen riesenlangen Artikel "Transworld Identity". Aber es reicht fürs erste dieser Absatz:
SEP: Transworld Identity hat geschrieben:Either we may claim that the actual Bertrand Russell and the playwright in some possible world (say, w2) are alike in possessing the properties of being a philosopher in the actual world and being a non-philosopher in w2, or we may argue that Leibniz’s Law, properly interpreted, asserts that the identity of A and B requires that there be no time, and no possible world, such that A and B have different properties at that time and world. The moral appears to be that transworld identity claims (combined with the view that some of an individual’s properties could have been different) need no more be threatened by Leibniz’s Law than is the view that there can be identity over time combined with change of properties (Loux 1979, 42–43).
In meiner Übersetzung:
Entweder können wir behaupten, dass der tatsächliche Bertrand Russell und der Bühnenautor [Bertrand Russell] in einer möglichen Welt (z. B. w2) sich gleichen, indem sie die Eigenschaften besitzen, in der tatsächlichen Welt ein Philosoph zu sein und in w2 ein Nicht-Philosoph zu sein, oder wir können argumentieren, dass das Leibniz-Gesetz korrekt interpretiert geltend macht, dass die Identität von A und B erfordert, dass es keine Zeit und keine mögliche Welt gibt, sodass A und B zu dieser Zeit und in dieser Welt unterschiedliche Eigenschaften haben. Die entscheidende Folgerung scheint zu sein, dass Transwelt-übergreifende Identitätsansprüche (kombiniert mit der Ansicht, dass einige der Eigenschaften eines Individuums anders gewesen sein könnten) durch das Leibniz-Gesetz ebenso wenig bedroht sein müssen wie die Ansicht, dass es über die Zeit hinweg eine Identität geben kann, verbunden mit einer Veränderung von Eigenschaften ( Loux 1979, 42–43).
Du erkennst jetzt auch den Zusammenhang zu Parmenides und Heraklit? Deren irre Ansichten basierten ja genauso auf einer ungültigen Anwendung des Leibniz-Gesetzes. Halt bezogen auf die Identität über die Zeit hinweg, nicht über verschiedene mögliche Welten.

"Prince Charles hatte in den 1990ern schwarze Haare. Jetzt hat er graue Haare. Nach dem Leibniz-Gesetz folgern wir, dass 1990er-Charles nicht mit 2023-Charles identisch ist"

Heraklit wählte das eine Horn des Pseudodilemmas "alles fließt, Identität gibt es nicht". Parmenides das andere "Identität gibt es, alles ist statisch".
Claymore hat geschrieben: Fr 16. Jun 2023, 23:42 Meiner Ansicht nach hätte Dir der Thread was gebracht, wenn dir auffallen würde, wie extrem seltsam Deine Einlassungen hier sind.
Meine EInlassungen kommen dir nur seltsam vor, weil du diese Art analytisch zu denken in der Philosophie nicht kennst. Glaube mir, jeder analytische Philosoph weiß, wovon ich schreibe. Der würde allenfalls noch mehr logische Präzision und begriffliche Klarheit fordern.
Sicher weiß der analytische Philosoph, wovon du schreibst - aber wäre denn seine Reaktion positiv?

Wenn ich es nicht besser wüsste, hielte ich deinen Eingangspost für eine satirische Kritik an der Methodik der analytischen Philosophie.

Vernunft wird durch Formalismus ausgetauscht. Das Publikum steht überrumpelt da, mit offenem Mund, und wagt nicht zu widersprechen.

Edit: Ausdrucksweise vereinfacht + ein paar Zusatzerklärungen
Zuletzt geändert von Claymore am So 18. Jun 2023, 02:10, insgesamt 1-mal geändert.
Reinhold
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Re: "Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen"

Beitrag von Reinhold »

Solivagus hat geschrieben: Fr 9. Jun 2023, 20:21 Hi Thaddäus,
Thaddäus hat geschrieben: Do 8. Jun 2023, 03:14[…] Gibt es auch noch andere Reaktionen?
meine Antwort würde in die Richtung Reinholds gehen.
Die Madame lässt aber keinen Bullshit gelten-gell Tango Girl? ;) Der Dame liegen halt ihre Nerven blank. Traurig-traurig-traurig würde dazu (sollte er noch leben) der olle Theo Lingen dazu nur sagen. :cry:
"Da wird der Wolf beim Lamm wohnen und der Panther beim Böcklein lagern. Kalb und Löwe werden miteinander grasen, und ein kleiner Knabe wird sie leiten."
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Reinhold
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Re: "Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen"

Beitrag von Reinhold »

Thaddäus hat geschrieben: Sa 17. Jun 2023, 17:54
Paul hat geschrieben: Fr 16. Jun 2023, 20:11 ich wende einfach nur eine andere methode an...kennst du sokrates?
Nein, du wendest keine "Methode" an, jedenfalls keine philosophische. Und Sokrates würde sich im Grabe schämen, wenn er wüsste, dass du versuchst, ihn als Kronzeugen für deine Kaspereien anzuführen.
Was ist eigentlich los mit dir? So kenne ich dich doch gar nicht? :cry:
"Da wird der Wolf beim Lamm wohnen und der Panther beim Böcklein lagern. Kalb und Löwe werden miteinander grasen, und ein kleiner Knabe wird sie leiten."
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Paul
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Re: "Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen"

Beitrag von Paul »

stellt sich die frage, ob es noch die gleiche thaddäus ist :mrgreen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Schiff_des_Theseus

wir erinnern uns, unser materielles substrat verändert sich permanent, nennt man stoffwechsel
Zuletzt geändert von Paul am So 18. Jun 2023, 08:40, insgesamt 1-mal geändert.
der storch der sitzt am karpfenteich und hämmert alle karpfen weich

it's not easy be(e)in' green

es gibt nichts gutes, außer man tut es

https://www.youtube.com/watch?v=ItZyaOlrb7E

das huhn ist im auftrag des herren unterwegs 8-)
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Re: "Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen"

Beitrag von Spice »

Thaddäus hat geschrieben: Sa 17. Jun 2023, 17:41
Spice hat geschrieben: Sa 17. Jun 2023, 15:23
Thaddäus hat geschrieben: Do 15. Jun 2023, 10:01 Der Witz meines obigen Beispiels ist, dass logisch bewiesen werden kann, dass ein Sternanhänger, von dem die Tatsache besteht, dass er außerhalb des Orbits war und dem gleichen (= NICHT demselben!) Anhänger, der es nicht war, ein fundamentaler ontologischer Unterschied besteht. Aber nicht, weil er an einem bestimmten Ort war bzw. nicht war, sondern wegen der Bedeutungszuschreibung, die der Örtlichkeit zugeschrieben wird.
Naja, völlig banal. Eine Frau, in die ich mich verliebe ist für mich etwas völlig anderes als die gleiche Frau, in die der andere eben nicht veliebt ist, weil die Frau für mich eine subjektive Bedeutung hat.
Deine "Philosophie" ist Kinderei auf "ontischem" Niveau! :lol:
Leider hast du nicht verstanden, worum es geht.

Natürlich ist es banal, dass du mit Gefühlen zu einer Frau, in die du dich verliebt hast, etwas anderes bist, als du es bist, ohne solche Gefühle zu haben. Eine Person, die glücklich ist, ist auch eine andere als die gleiche, die nicht-glücklich ist oder gar unglücklich.
Hier geht es aber um Personen, die einen priveligierten Zugang zu ihren Gefühlen und ihren Bewusstseinszuständen haben und jede Änderung registrieren können. Personen sind andere "Gegenstände" als Sternanhänger.

Im meinem Beispiel geht es um ein materielles Ding, nämlich einen Anhänger in der Form eines Sterns, welchem eine Bedeutung zugeschrieben wird, je nachdem, wo im Raum es sich befindet und in welcher Beziehung es zu der (fiktionalen) Person Howard Wolowitz steht. Und diese Zuschreibung ändert den ontologischen Status dieses Dinges. Das bedeutet nicht weniger, als das der Physikalismus, der Positivismus und der Materialismus falsch sein müssen und z.B. der Philosoph Daniel Dennett ganz und gar falsch liegt.

Die Beschaffenheit des Anhängers ändert sich nicht. Mit "Ontologie" hat das alles nichts zu tun. Der Anhänger ist nicht das Sein, sondern er hat Dasein im Sein. Also eine bestimmte Beschaffenheit und einen Ort, der eben im genannten Fall veränderlich ist. Schon wenn ich ihn von einem Tisch in die Hand nehme, ist er woanders. Metaphysische Fragen kann man mit deinem Beispiel nicht lösen.
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Re: "Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen"

Beitrag von SilverBullet »

Spice hat geschrieben: So 18. Jun 2023, 08:00Die Beschaffenheit des Anhängers ändert sich nicht.
"Beschaffenheit des Anhängers" ist ein für uns unübersichtlicher Umfang. Das ist weitaus schlimmer als "Haare zählen".

Ich gehe in meinem Weltbild auch davon aus, dass es bei den Reaktionen der beteiligten Menschen nicht auf Veränderungen in der Beschaffenheit des Anhängers ankommt.

Ob aber generell ein Verlauf mit Positionsänderungen von dem, was wir als Objekt "Anhänger" bezeichnen, zu keinen Beschaffenheitsänderungen führt, kann ich nicht sagen.
Spice hat geschrieben: So 18. Jun 2023, 08:00Mit "Ontologie" hat das alles nichts zu tun.
Sobald man einen Unterschied zur Verfügung hat (egal, um was es geht), stellt sich die Frage, wie dieser Unterschied vorliegt.
In meinem Weltbild liegen z.B. alle Unterschiede, die "ich beim Denken durchlaufe" (also meine komplette Reaktion) als "in der Welt auffindbare" Unterschiede vor.

Wenn es also zu der Bedeutungszuschreibung aus dem Gedankenexperiment kommt, dann ist das (in meinem Weltbild) eine "in der Welt auffindbare" Veränderung.
Sobald die Veränderung gefunden wird, ist eine Tatsache erarbeitet.
Aus meinem Weltbild heraus würde ich die Suche nicht beim Anhänger starten.
Spice hat geschrieben: So 18. Jun 2023, 08:00Der Anhänger ist nicht das Sein, sondern er hat Dasein im Sein.
Bei dieser Begriffswahl zieht aber schon ein mächtiger Hauch von Ontologie herein.

"Dasein" und "Sein" suggeriert "die Perspektive des Objektes".
Ich muss aber bereits auf Basis meines Weltbildes fragen, ob unsere Objekteinteilung (so plausibel und funktional sie auch ist) eine Korrektheit über die Wechselwirkungen der Realität hinaus darstellt.
(ehrlich gesagt, ich kann noch nicht einmal sagen, ob die Idee "über die Wechselwirkungen der Realität hinaus" sinnvoll ist)

In der Physik gibt es (glaube ich) einen Ansatz, der von Teilchen weg und hin zu Feldern geht.
D.h. man skizziert die Realität nicht mehr über feste Einheiten (Objekte), sondern Effektverteilungen.
Das, was wir als Objekte auffassen, sind dann "lokale Verstärkungen von Effekten".
Spice
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Re: "Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen"

Beitrag von Spice »

SilverBullet hat geschrieben: So 18. Jun 2023, 09:23
Spice hat geschrieben: So 18. Jun 2023, 08:00Die Beschaffenheit des Anhängers ändert sich nicht.
"Beschaffenheit des Anhängers" ist ein für uns unübersichtlicher Umfang. Das ist weitaus schlimmer als "Haare zählen".
Du machst es unnötig kompliziert. Es geht einfach darum, dass der Anhänger - wie er auch beschaffen sein mag - unverändert bleibt, auch wenn man ihm eine subjektive Bedeutung, bei Thaddäus der Ort seines Aufenthaltes, zuschreibt.
Ich gehe in meinem Weltbild auch davon aus, dass es bei den Reaktionen der beteiligten Menschen nicht auf Veränderungen in der Beschaffenheit des Anhängers ankommt.
Eben.
Ob aber generell ein Verlauf mit Positionsänderungen von dem, was wir als Objekt "Anhänger" bezeichnen, zu keinen Beschaffenheitsänderungen führt, kann ich nicht sagen.
Bei einem physikalischen Objekt kann es in dem Fall nur durch physikalische Einflüsse zu einer Veränderung kommen. Das hat aber wieder nichts mit Thaddäus Thema zu tun.
Spice hat geschrieben: So 18. Jun 2023, 08:00Mit "Ontologie" hat das alles nichts zu tun.
Sobald man einen Unterschied zur Verfügung hat (egal, um was es geht), stellt sich die Frage, wie dieser Unterschied vorliegt.
In meinem Weltbild liegen z.B. alle Unterschiede, die "ich beim Denken durchlaufe" (also meine komplette Reaktion) als "in der Welt auffindbare" Unterschiede vor.
Der Unterschied würde im genannten Fall nicht "in der Welt" vorliegen, sondern nur der Bedeutung, dem du etwas, was in der Welt vorliegt, gibst.

Wenn es also zu der Bedeutungszuschreibung aus dem Gedankenexperiment kommt, dann ist das (in meinem Weltbild) eine "in der Welt auffindbare" Veränderung.
Habe ich eben widerlegt.
Sobald die Veränderung gefunden wird, ist eine Tatsache erarbeitet.
Diese Tatsache könntest du eben nicht finden. Hier kannst du dir nur etwas "erarbeiten", wenn du klar denkst.
Spice hat geschrieben: So 18. Jun 2023, 08:00Der Anhänger ist nicht das Sein, sondern er hat Dasein im Sein.
Bei dieser Begriffswahl zieht aber schon ein mächtiger Hauch von Ontologie herein.

"Dasein" und "Sein" suggeriert "die Perspektive des Objektes".
Ein Objekt hat Dasein und zwar unabhängig davon, ob es jemand wahrnimmt oder nicht.
Ich muss aber bereits auf Basis meines Weltbildes fragen, ob unsere Objekteinteilung (so plausibel und funktional sie auch ist) eine Korrektheit über die Wechselwirkungen der Realität hinaus darstellt.
(ehrlich gesagt, ich kann noch nicht einmal sagen, ob die Idee "über die Wechselwirkungen der Realität hinaus" sinnvoll ist)
Du stehst als wahrnehmendes Subjekt der Welt gegenüber. Darin besteht die "Wechselwirkung".
In der Physik gibt es (glaube ich) einen Ansatz, der von Teilchen weg und hin zu Feldern geht.
D.h. man skizziert die Realität nicht mehr über feste Einheiten (Objekte), sondern Effektverteilungen.
Das, was wir als Objekte auffassen, sind dann "lokale Verstärkungen von Effekten".
Damit würde wir uns der lebendigen Grundlage allen Daseins nähern, denn da sind physikalische Objekte gewohnheitsmässige, in der Gleichförmigkeit der Bewegung erstarrte Prozesse.
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Paul
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Re: "Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen"

Beitrag von Paul »

Thaddäus hat geschrieben: Do 15. Jun 2023, 17:37 Aber die Wirklichkeit/Welt ist in sich fragmentiert
kollegin, das ist keine tatsache sondern eine setzung, die gegenposition dazu nennt man holismus...pantha rei

dazu goethe

"Gleich mit jedem Regengusse
Ändert sich dein holdes Tal
Ach, und in demselben Flusse
Schwimmst du nicht zum zweitenmal"
der storch der sitzt am karpfenteich und hämmert alle karpfen weich

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es gibt nichts gutes, außer man tut es

https://www.youtube.com/watch?v=ItZyaOlrb7E

das huhn ist im auftrag des herren unterwegs 8-)
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