Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

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Andreas
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Re: Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

Beitrag von Andreas »

Rembremerding hat geschrieben: So 19. Mai 2019, 17:21Die HKM ist ein Werkzeug zur Exegese. Worthaus wäre für mich dafür als Informationsquelle keinesfalls geeignet.
Hab nirgends behauptet, das Worthaus eine Informationsquelle zum Werkzeug der Exegese wäre. Zu diesem Zweck habe ich Zitate aus der Fachliteratur zur HKM gebracht.
Andreas hat geschrieben: So 19. Mai 2019, 16:14Fast in jedem Worthaus-Vortrag, werden Früchte der HKM leicht verständlich und unterhaltsam präsentiert.
In Worthaus lassen sich allerdings viele Erkenntnisse finden, die mittels HKM zustande kamen. So wird in einem Vortrag beispielsweise auch dein Beispiel erklärt, dass ein römischer Soldat einen Juden für eine Meile zu seinem Lastträger machen konnte, oder in vielen anderen Vorträgen, wie zur Zeit Jesu die sozialen Strukturen in Israel waren, oder warum es im Tempelbezirk Geldwechsler gab, oder, oder, oder ... also viele notwendige Hintergrundinformationen die sich nicht direkt aus der Bibel erschließen lassen - ohne die man aber vieles in der Bibel gar nicht angemessen verstehen kann. Das sehe ich als Bereicherung an.
jesher

Re: Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

Beitrag von jesher »

Andreas hat geschrieben: Mo 20. Mai 2019, 17:34In Worthaus lassen sich allerdings viele Erkenntnisse finden, die mittels HKM zustande kamen. So wird in einem Vortrag beispielsweise auch dein Beispiel erklärt, dass ein römischer Soldat einen Juden für eine Meile zu seinem Lastträger machen konnte, oder in vielen anderen Vorträgen, wie zur Zeit Jesu die sozialen Strukturen in Israel waren, oder warum es im Tempelbezirk Geldwechsler gab, oder, oder, oder ... also viele notwendige Hintergrundinformationen die sich nicht direkt aus der Bibel erschließen lassen - ohne die man aber vieles in der Bibel gar nicht angemessen verstehen kann. Das sehe ich als Bereicherung an.
Hintergrundinformationen, die es ohne HKM nicht gegeben hätte, die also ohne sie nicht bekannt waren? Die HKM gibt es in der Form noch nicht so lange. Mich würde es wundern, wenn die Quellen, aus der die HKM diese Infos hat, zuvor nicht bekannt gewesen wären.

Aber selbst wenn es tatsächlich die HKM war, durch die viele Hintergrundinformationen überhaupt erst bekannt wurden, so sind auch hier die reinen Informationen von den Interpreatationen zu trennen. Die historischen Informationen nimmt jeder gerne und da ist der HKM zu danken. Die daraus zu ziehenden Schlüsse müssen kritisch untersucht werden, da mit dem methodischen Atheismus viel schief gehen kann und bereits gegangen ist.
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Andreas
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Re: Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

Beitrag von Andreas »

jesher hat geschrieben: Mo 20. Mai 2019, 17:49Hintergrundinformationen, die es ohne HKM nicht gegeben hätte, die also ohne sie nicht bekannt waren? Die HKM gibt es in der Form noch nicht so lange. Mich würde es wundern, wenn die Quellen, aus der die HKM diese Infos hat, zuvor nicht bekannt gewesen wären.
Das kann man so pauschal nicht sagen, finde ich. Das muss man von Fall zu Fall hinterfragen, was Ergebnis der HKM ist und was anderweitig schon bekannt war.
jesher hat geschrieben: Mo 20. Mai 2019, 17:49Aber selbst wenn es tatsächlich die HKM war, durch die viele Hintergrundinformationen überhaupt erst bekannt wurden, so sind auch hier die reinen Informationen von den Interpreatationen zu trennen.
Wieso das denn? Diese Informationen ermöglichen doch erst, den Text im Sinne des Verfassers zu interpretieren.
jesher hat geschrieben: Mo 20. Mai 2019, 17:49 Die historischen Informationen nimmt jeder gerne und da ist der HKM zu danken. Die daraus zu ziehenden Schlüsse müssen kritisch untersucht werden, ...
Selbstverständlich. Der selbstkritische Diskurs ist doch das Wesen jeder wissenschaftlichen Methodik. Was ich irgendwie vermisse, ist dein Ruf danach, jegliche Interpretationen, also auch Interpretationen konservativer Theologien kritisch zu untersuchen. Die heute wohl konservativsten Traditionen sind übrigens jünger als die HKM.
jesher hat geschrieben: Mo 20. Mai 2019, 17:49... da mit dem methodischen Atheismus viel schief gehen kann und bereits gegangen ist.
Die HKM wird meines Wissens in der universitären Historischen Theologie nicht von Atheisten angewendet, sondern von unseren Glaubensgeschwistern der beiden Großkirchen und was dort gelehrt wird, würde ich im Großen und ganzen als konservative Theologie bezeichnen wollen. An evangelischen Fakultäten geht es je nach Professor auch mal nicht ganz so konservativ zu, wie an katholischen Fakultäten.

Und überhaupt: Wir kochen alle nur mit Wasser und natürlich ist in konservativen Interpretationen im Laufe der Jahrhunderte auch schon vieles schief gegangen, und auch da halfen Diskurse kritischen Hinterfragens manche Fehlleistungen zu korrigieren.
jesher hat geschrieben: So 19. Mai 2019, 17:29p.s.: Im Sinne dieses Threads fände ich es sehr angebracht, würden sich alle User solch unfreundlicher Rhetorik wie sie Andreas an den Tag legt, enthalten. Eine konstruktive Debatte ist sonst nicht möglich.
Ich hab mir meine Beiträge in diesem Thread noch mal daraufhin angesehen, und weiß wirklich nicht, was davon unter "unfreundliche Rhetorik" fallen könnte.
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Re: Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

Beitrag von Hiob »

Andreas hat geschrieben: Mo 20. Mai 2019, 18:46 Das muss man von Fall zu Fall hinterfragen, was Ergebnis der HKM ist und was anderweitig schon bekannt war.
Sicherlich - andererseits sollte man die Kirche im Dorf lassen - will heißen:
Bei aller Wichtigkeit und Nützlichkeit der HKM gibt es kein Dogma, das durch die HKM in Frage gestellt werden muss - warum? Weil "geistiges Verständnis" ("Dogma") etwas grundsätzlich anderes ist als "hilfreiche Erkenntnisse ZUM geistigen Verständnis" ("HKM").

Insofern verstehe ich Rems Thread im Sinne von "Welche hilfreichen Erkenntnisse der HKM gibt es zum geistigen Verständnis der Bibel?". - Üblich ist heute (zumindestens in der Außendarstellung): "Welche Erkenntnisse der HKM gibt es, die geistiges Verständnis der Bibel wiederlegen?".
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Andreas
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Re: Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

Beitrag von Andreas »

Hiob hat geschrieben: Mo 20. Mai 2019, 19:07Sicherlich - andererseits sollte man die Kirche im Dorf lassen - will heißen:
Bei aller Wichtigkeit und Nützlichkeit der HKM gibt es kein Dogma, das durch die HKM in Frage gestellt werden muss - warum? Weil "geistiges Verständnis" ("Dogma") etwas grundsätzlich anderes ist als "hilfreiche Erkenntnisse ZUM geistigen Verständnis" ("HKM").
Die HKM liefert hilfreiche Erkenntnisse zum geistigen Verständnis nicht etwa des Lesers - das ist gar nicht das Ziel der HKM - sondern hilfreiche Erkenntnisse zum geistigen Verständnis der Verfasser EINES Textes, sei es ein profaner oder sakraler Text. Du versuchst dauernd HKM auf Texte der BIBEL zu reduzieren - obwohl keiner besser als du mit deiner philologischen Ausbildung weiß - dass die HKM auf alle historischen Texte gleichermaßen anzuwenden ist, und in Sachen BIBEL keine Extrawurst gebraten werden soll.

DAS ist rethorisch unfreundlich - und wenn du das in noch so höfliche Worte verpackst - weil es nicht der Wahrheit entspricht, mit den Tatsachen der HKM nicht vereinbar ist.
Hiob hat geschrieben: Mo 20. Mai 2019, 19:07Insofern verstehe ich Rems Thread im Sinne von "Welche hilfreichen Erkenntnisse der HKM gibt es zum geistigen Verständnis der Bibel?".
Um das geistliche Verständnis kümmern sich doch die Systematischen Theologien (RKK, Lutheraner, Evangelikale, Prozesstheolgen usw.) mit ihren ganz unterschiedlichen Dogmatiken - da ist Gott dann halt mal allwissend und mal nicht, da ist Jesus mal Gott und mal nicht. Das sind halt die Tatsachen in der christlichen Praxis. Ich kann nichts dafür, dass es so ist. Ich beschreibe es nur. Ich habe extra nachgefragt bei Rembremerding um was es hier geht und um was nicht. Klare Antwort: "Siehe Threadtitel."
Hiob hat geschrieben: Mo 20. Mai 2019, 19:07 - Üblich ist heute (zumindestens in der Außendarstellung): "Welche Erkenntnisse der HKM gibt es, die geistiges Verständnis der Bibel wiederlegen?".
Klare Antwort: Threadtitel! Es geht also nicht um die Außendarstellung der HKM sondern um die HKM. Alle hier vorgebrachten Warnungen und natürlich unbelegten Unterstellungen bezüglich der HKM sind (gegenüber Anhängern der HKM, rethorisch unfreundliche !) Außendarstellungen. Die einzigen, die hier etwas zur Innendarstellung der HKM bisher gebracht haben, sind Rem mit seinen konkreten Beispielen aus der HKM und ich.
Faust

Re: Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

Beitrag von Faust »

Andreas hat geschrieben: Mo 20. Mai 2019, 19:53Um das geistliche Verständnis kümmern sich doch die Systematischen Theologien (RKK, Lutheraner, Evangelikale, Prozesstheolgen usw.) mit ihren ganz unterschiedlichen Dogmatiken - da ist Gott dann halt mal allwissend und mal nicht, da ist Jesus mal Gott und mal nicht. Das sind halt die Tatsachen in der christlichen Praxis
Vollkommen ok so :thumbup: Eine universelle Theologie ist unmöglich, aber eine universelle Erfahrung ist nicht nur möglich, sondern notwendig: die Erfahrung der Liebe Gottes. Die Erlösung und Befreiung liegt Gott sei Dank in dieser Erfahrung und nicht in den theologischen Systemen, die ohnehin nur einen Wert besitzen, wenn sie zur lebendigen Erfahrung in Beziehung stehen. Ich sehe es auch so, dass die historisch-kritische Methode das Bibelverständnis bereichert und ergänzt. Ein Glaube, der wirklich aus dem Quellstrom der Wahrheit entspringt, kann und wird das aushalten, denn die Wahrheit ist immer wahr. Nur die Unwahrheit muss sich vor der Wissenschaft fürchten. Es gibt viele Lehrmeinungen, unterschiedliche Lesarten der heiligen Schrift und theologische Systeme, aber nur einen Jesus Christus und der ist und bleibt derselbe.

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Hiob
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Re: Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

Beitrag von Hiob »

Andreas hat geschrieben: Mo 20. Mai 2019, 19:53 Die HKM liefert hilfreiche Erkenntnisse zum geistigen Verständnis nicht etwa des Lesers - das ist gar nicht das Ziel der HKM - sondern hilfreiche Erkenntnisse zum geistigen Verständnis der Verfasser EINES Textes, sei es ein profaner oder sakraler Text. Du versuchst dauernd HKM auf Texte der BIBEL zu reduzieren - obwohl keiner besser als du mit deiner philologischen Ausbildung weiß - dass die HKM auf alle historischen Texte gleichermaßen anzuwenden ist, und in Sachen BIBEL keine Extrawurst gebraten werden soll.
Absolut einverstanden - so war früher der allgemeine Usus (und ist es heute Uni-intern wahrscheinlich immer noch).

Nochmals: absolut einverstanden. ----- Sacken lassen ---- und dann kommt doch noch was: NIEMAND kann das Verständnis des Verfassers ohne den Filter der eigenen, zeittytpischen Hermeneutik ermitteln - "Verständnis des Verfassers" ist IMMER kontaminiert - es geht nicht anders. - Aber das ist ein anderes Thema.
Andreas hat geschrieben: Mo 20. Mai 2019, 19:53 Um das geistliche Verständnis kümmern sich doch die Systematischen Theologien (RKK, Lutheraner, Evangelikale, Prozesstheolgen usw.) mit ihren ganz unterschiedlichen Dogmatiken - da ist Gott dann halt mal allwissend und mal nicht, da ist Jesus mal Gott und mal nicht.
Ebenfalls einverstanden. ---- Das Problem ist ein ganz anderes: In der (halb-gebildeten) medialen Welt (also all das, was aus den Unis in die Öffentlichkeit gelangt) wird HKM als Konkurrenz in Sachen "geistliches Verständnis" verkauft. - Seitdem es HKM gäbe, bedürfe es keiner weiteren Deutungen, da die HKM die letztliche geistige Verständnis-Auslegung sei.

Was Rem macht, halte ich trotzdem für gut:
Es gibt HKM-fundierte Erkenntnisse, die geistliches Verständnis fördern. - Spontanes Beispiel, dass ich mal gehört habe: Eigentlich würde es nicht "ein Reicher durchs Nadelöhr" heißen, sondern "ein Tau durchs Nadelöhr", weil sprachliche das Wort "Reicher" und "Tau" ......
Andreas hat geschrieben: Mo 20. Mai 2019, 19:53 Alle hier vorgebrachten Warnungen und natürlich unbelegten Unterstellungen bezüglich der HKM sind (gegenüber Anhängern der HKM, rethorisch unfreundliche !) Außendarstellungen. Die einzigen, die hier etwas zur Innendarstellung der HKM bisher gebracht haben, sind Rem mit seinen konkreten Beispielen aus der HKM und ich.
Deine Unterscheidung zwischen "außen" und "innen" ist sehr wichtig. - Deshalb eine kleine Korrektur: Auch ich habe immer darauf hingewiesen, dass es zu meiner Zeit in der Uni anders war, als es heute ("außen") dargestellt wird.
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Andreas
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Re: Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

Beitrag von Andreas »

Hiob hat geschrieben: Mo 20. Mai 2019, 21:45Absolut einverstanden - so war früher der allgemeine Usus (und ist es heute Uni-intern wahrscheinlich immer noch).

Nochmals: absolut einverstanden. ----- Sacken lassen ---- und dann kommt doch noch was: NIEMAND kann das Verständnis des Verfassers ohne den Filter der eigenen, zeittytpischen Hermeneutik ermitteln - "Verständnis des Verfassers" ist IMMER kontaminiert - es geht nicht anders. - Aber das ist ein anderes Thema.
Das ist doch kein anderes Thema. Ich frage mich nur, warum du so oft das Wort "kontaminieren" (= verschmutzen, verunreinigen, verseuchen - © Dudenverlag) benutzt, wenn es um die HKM geht. Wenn es um eine andere, dir genehme Exegese geht, nennst du sie nicht eine vom Verfasser kontaminierte, sondern geistig inspirierte Interpretation. Darin äußert sich meiner Meinung nach die "unfreundliche Rhetorik" deiner verzerrenden Außenansicht auf die HKM.

Sind es nicht gerade die kirchlich geprägten Exegesen, die in ihren Interpretationen "die biblische Wahrheit, Gottes Wort" verkündigen - ganz im Gegensatz zu historisch-kritischen Exegesen, die bescheiden und explizit darauf hinweisen, dass ihre Ergebnisse nicht der Wahrheit letzter Schluss sind?

Wieso muss eine historisch-kritische Exegese kritisch hinterfragt werden, und wieso wird das Hinterfragen einer anderen Exegese gleich als Bibelkritik gewertet? Rechtfertigt der eigene Glaube solch ein zweierlei Maß?
Conzelmann/Lindemann, Arbeitsbuch zum Neuen Testament, Seite 1 hat geschrieben:
Ziel der Exegese ist das Verstehen des Textes. Dem vorausgehen muss jedoch die Frage, welchen Bedingungen Verstehen grundsätzlich unterworfen ist. Die allgemeine Lehre vom Verstehen heißt Hermeneutik. Die Hermeneutik als Methode ist notwendig, weil Text und Leser einander niemals unmittelbar begegnen, sondern immer durch einen zeitlich oder sachlich bedingten Abstand von einander getrennt sind.
Conzelmann/Lindemann, Arbeitsbuch zum Neuen Testament, Seite 2 hat geschrieben:
Eine weitere Voraussetzung sachgemäßer Exegese bezieht sich auf die Position des Exegeten selber: Er muss sich fragen (oder fragen lassen), mit welchen Voraussetzungen er an den Text herangeht. Aus welcher Tradition kommt er, auf welche Fragen erwartet er vom Text eine Antwort, warum befaßt er sich überhaupt mit diesem Text? Es wäre falsch, wollte man die Begegnung zwischen dem Exegeten und dem Text gleichsam in einen "neutralen" Raum verlegen, als gäbe es hier einen (womöglich) geschichtslosen, jedenfalls zeitlos gültigen Text und dort einen Exegeten, der frei von allen Voraussetzungen "objektiv" an den Text herangeht. Voraussetzungslose Exegese gibt es nicht, jede Interpretation ist durch den jeweiligen geschichtlichen Standort des Exegeten zumindest mitbestimmt, und deshalb muß sich der Exeget zunächst auch Klarheit über die von ihm mitgebrachten eigenen Voraussetzungen verschaffen.

Es wird deutlich sein, daß dies nicht im Sinne psychologischer Tiefenschau gemeint ist. Es geht vielmehr darum, den eigenen Standort zu bestimmen, damit es nicht zu einer unsachgemäßen Identifikation zwischen der Aussage des Textes und der vorgegebenen Erwartung des Exegeten kommt; vgl. dazu R. Bultmann, Glauben und Verstehen III, 142-150.
Theißen, Gerd; Merz, Annette: Der historische Jesus. Ein Lehrbuch, Vandenhoek & Ruprecht, Göttingen 1996. S. 6f hat geschrieben:
Am Ende jedes Hauptteils steht eine skizzenhafte Zusammenfassung, die sich von der (künstlichen) Einteilung in Punkte und Unterpunkte löst. Hier soll angedeutet werden, wie wissenschaftliche Ergebnisse in eine Bildungssprache für Schule, Kirche und Gesellschaft übersetzt werden könnten. Es folgen Anregungen zur hermeneutischen Reflexion. Einerseits sollen sie die sachliche Darstellung entlasten, denn zur historischen Arbeit gehört nicht unmittelbar die Frage, wie wir mit ihren Ergebnissen heute umgehen können. Andererseits sind sie Teil des didaktischen Konzepts: Wissen wird nur lebendiges Wissen, wenn wir uns mit ihm persönlich auseinandersetzen und es mit unserem Denken und Erleben vermitteln.
...
Auch ein Lehrbuch, das Jesusforschung vermitteln will und nicht die Lieblingsideen der beiden Verfasser, ist von einem bestimmten Jesusbild geprägt. Es ist ein kontextuelles Jesusbild. Jesus wird verstanden im Kontext des Judentums und der lokalen, sozialen und politischen Geschichte seiner Zeit. Auch hinter diesem Buch stehen „Vorverständnisse" und „Interessen". So sind wir davon überzeugt, daß man über den historischen Jesus einen von Sympathie bestimmten Zugang zum Judentum finden kann, daß die Auseinandersetzung mit seiner Botschaft das soziale Gewissen schärft und die Begegnung mit ihm die Frage nach Gott verändert.
Katholische Fakultät der LMU hat geschrieben:
Die Bibel ist als Glaubensschrift der Christen nicht an ein bestimmtes Interpretationsschema gebunden. Jeder kann und darf die Bibel lesen – auch ohne spezielles Fachwissen. Wenn es darum geht, was ein biblischer Text mir sagt, muss die Lektüre nicht methodisch abgesichert werden. Soll aber erhoben werden, was er anderen sagen könnte, wird die Freiheit im Umgang mit dem Text eingeschränkt. Methodische Herangehensweisen sichern die Aufgabe der Exegese, Anwältin des Textes zu sein. Auch wenn es nicht die eine richtige Interpretation gibt, so doch Grenzen der Interpretation.
Hier wird überall gefordert intersubjektiv nachprüf- und nachvollziehbar offen zulegen, von welcher Position des Exegeten aus und mit welcher Methodik an einen Text herangegangen wird, um so neutral wie irgend möglich dem Text und seinem Verfasser zu begegnen, damit er sein Wort sagen kann. Es ist ein Hilfsangebot, um durch das selbständige Abwägen der vorgestellten Optionen zu einem besseren Verständnis zu kommen. Es steht jedem Leser frei - und ist sogar erwünscht - sich kritisch im Diskurs dazu zu äußern.

Eine solch selbstkritische Haltung den eigenen Interpretationen gegenüber vermisse ich anderenorts, wo jegliche ebenso eigene Interpretation eines Exegeten durch die Inspiration des Heiligen Geistes, und/oder durch die Autorität "der Kirche" quasi als das unmittelbar wahre Wort Gottes legitimiert wird. Den Lesern wird nicht zu einem besseren Verständnis verholfen, sondern vorgeschrieben, wie sie einen Text zu verstehen haben. Ein kritisches Hinterfragen wird weder erwartet noch ist es erwünscht, sondern wird vorschnell und pauschal als Bibelkritik abgestempelt - obwohl ja nicht die Bibel kritisiert wird, sondern lediglich die Interpretation eines Bibeltextes durch einen Menschen.
jesher

Re: Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

Beitrag von jesher »

Andreas hat geschrieben: Mo 20. Mai 2019, 19:53
Hiob hat geschrieben: Mo 20. Mai 2019, 19:07Sicherlich - andererseits sollte man die Kirche im Dorf lassen - will heißen:
Bei aller Wichtigkeit und Nützlichkeit der HKM gibt es kein Dogma, das durch die HKM in Frage gestellt werden muss - warum? Weil "geistiges Verständnis" ("Dogma") etwas grundsätzlich anderes ist als "hilfreiche Erkenntnisse ZUM geistigen Verständnis" ("HKM").
Die HKM liefert hilfreiche Erkenntnisse zum geistigen Verständnis nicht etwa des Lesers - das ist gar nicht das Ziel der HKM - sondern hilfreiche Erkenntnisse zum geistigen Verständnis der Verfasser EINES Textes, sei es ein profaner oder sakraler Text. Du versuchst dauernd HKM auf Texte der BIBEL zu reduzieren - obwohl keiner besser als du mit deiner philologischen Ausbildung weiß - dass die HKM auf alle historischen Texte gleichermaßen anzuwenden ist, und in Sachen BIBEL keine Extrawurst gebraten werden soll.
Hiob hat den Kern des Problems sehr gut beschrieben. Schade, dass die HKM trotz ihrer eigenen Restriktion sich nicht daran hält. Die Bibel ist ein besonderes Buch und in dem die HKM dies leugnet, belegt sie ihren wissenschaftlichen Anspruch, disqualifiziert sich jedoch gleichzeitig für eine Exegese der Bibel, zumindest für eine geistliche. Die HKM verhält sich in dem Punkt absolut konsequent zu ihrem Fundament, scheint gleichzeitg jedoch mit den Konsequenzen die sich daraus ergeben nicht leben zu wollen oder zu können. Ein Konflikt, der schon vor Jahrzehnten erkannt und seitdem diskutiert wird. Das Hiob seine Argumentation auf die Bibel reduziert ist folgerichtig, da er ihr geistliches Selbstzeugnis nicht nur erkennt sondern es darüber hinaus für wahr hält.
Andreas hat geschrieben: Mo 20. Mai 2019, 19:53 DAS ist rethorisch unfreundlich - und wenn du das in noch so höfliche Worte verpackst - weil es nicht der Wahrheit entspricht, mit den Tatsachen der HKM nicht vereinbar ist.
Das ist weder unfreundlich noch entspricht es nicht der Wahrheit über die HKM. Aus jeder geistlichen Diskussion sollte und muss sich die HKM heraushalten, da sie dazu gar nichts aussagen darf, will ihr sie Prädikat der Wissenschaftlichkeit nicht aufs Spiel setzen.

Die Frage des Titel dieses Threads müsste also in etwa lauten: "Wie kann die HKM, trotz ihrer geistlichen Selbstbeschränkung durch ihren methodischen Atheismus, die christliche Bibelauslegung bereichern?"

Das Sammeln von reinen histroischen Fakten wäre so ein Bereich, wobei auch der natürlich nicht Mitgliedern oder Instituten der HKM vorbehalten ist. Ein bereicherndes Alleinstellungsmerkmal der HKM gibt es weder im historischen noch in einem anderen Bereich.
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Re: Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

Beitrag von Hiob »

Andreas hat geschrieben: Di 21. Mai 2019, 02:32 Wenn es um eine andere, dir genehme Exegese geht, nennst du sie nicht eine vom Verfasser kontaminierte, sondern geistig inspirierte Interpretation.
Die HKM ist mir alles andere als ungenehm. - Der Unterschied liegt darin, dass die HKM regelmäßig so dargestellt wird, als habe sie disbezüglich eine Alleinstellung.
Andreas hat geschrieben: Di 21. Mai 2019, 02:32 Sind es nicht gerade die kirchlich geprägten Exegesen, die in ihren Interpretationen "die biblische Wahrheit, Gottes Wort" verkündigen - ganz im Gegensatz zu historisch-kritischen Exegesen, die bescheiden und explizit darauf hinweisen, dass ihre Ergebnisse nicht der Wahrheit letzter Schluss sind?
Richtig - allein aus heilsgeschichtlichen Gründen. Warum sonst gäbe es Fächer wie "Kerygmatik"? - Aber sie WISSEN und SAGEN es.
Andreas hat geschrieben: Di 21. Mai 2019, 02:32 Wieso muss eine historisch-kritische Exegese kritisch hinterfragt werden, und wieso wird das Hinterfragen einer anderen Exegese gleich als Bibelkritik gewertet?
So ist es ja nicht. - Die HKE wird kritisch hinterfragt, wenn sie sich als Alleinvertreter biblischer Auslegung (und das auch noch in spirituellen Fragen) darstellt oder dargestellt wird.
Andreas hat geschrieben: Di 21. Mai 2019, 02:32 Conzelmann/Lindemann
Super Zitate - genau so ist es. - Aber es zeigt AUCH, wie einseitig Exegeten außerhalb der Wissenschaft dargestellt werden. - Deshalb immer wieder: Man muss unterscheiden zwischen "uni-intern" und "uni-extern" - leider macht letzteres das Bild der Exegese in der medialen Öffentlichkeit aus.
Andreas hat geschrieben: Di 21. Mai 2019, 02:32 Eine solch selbstkritische Haltung den eigenen Interpretationen gegenüber vermisse ich anderenorts, wo jegliche ebenso eigene Interpretation eines Exegeten durch die Inspiration des Heiligen Geistes, und/oder durch die Autorität "der Kirche" quasi als das unmittelbar wahre Wort Gottes legitimiert wird.
Ist es nicht inzwischen umgekehrt? - Die RKK bindet sich doch spätestens seit 1993 an das Votum der Päpstlichen Kommission - es sind doch die HKE-Verfechter, die Alleinstellungs-Ansprüche beanspruchen.

Und was immer wieder (durchaus im Sinne dieses Threads) klargestellt werden muss:
Die HKM ist laut Rom "unverzichtbar FÜR das Verständnis" der Bibel, aber eben nicht das (spirituelle) Verständnis selbst.

Zudem wäre ein ganz anderes Thema:
Wo steht geschrieben, dass die üblichen Vorgehensweisen historischer Wissenschaften wie "ältere Quelle = wahrere Quelle" richtig sein müssen, wenn im Fall der Bibel singulär auch noch der heilsgeschichtliche Ansatz besteht = "besseres geistiges Verständnis mit der Zeit"? - Solche Dinge werden ignoriert - es darf nur das gewesen sein, was der auserwählten Methodik genehm ist. - Das ist unkritisch.
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