Hiob hat geschrieben: ↑Fr 17. Mai 2019, 13:13
Andreas hat geschrieben: ↑Fr 17. Mai 2019, 11:14
Ist das Lehrgerüst der Archäologie wirklich atheistisch? Von Atheismus habe ich in archäologischer Fachliteratur noch nie gelesen.
Es gibt in der Wissenschaft den stehenden Begriff des "methodischen Atheismus", was aus meiner Sicht sehr sinnvoll ist. - Gemeint ist damit, dass es keine christliche, jüdische oder bhuddistische Methodik geben kann, also der Aufbau einer Untersuchung immer neutral sein muss.
Deswegen hat man auch mit der "Biblischen Archäologie" aufgehört, weil sie nicht konsequent wissenschaftlich gearbeitet hat und deshalb oft mangelhafte Ergebnisse brachte.
Hiob hat geschrieben: ↑Fr 17. Mai 2019, 13:13Das Problem: Dieser Begriff "methodischer Atheismus" wurde entgegen seines Sinnes absichtlich oder dümmlich auch interpretativ verwendet: Als dürfe man Texte nicht spirituell interpretieren.
Warum bringst du jetzt das Wort "spirituell" ins Spiel? Einen religiösen Text muss man im Sinne der Religiosität des Autors darstellen, d.h. eine sumerische Tontafel muss die sumerische Religiosität im Sinne der polytheistischen Religion der Sumerer darstellen, ein ägyptischer Pyramidentext die ägyptische Religion. Da sind religionsgeschichtliche, aber keine spirituellen Darstellungen gefragt.
Konkret: Eine christlich-spirituelle Interpretation würde beispielsweise die Garten Eden Erzählung "heilsgeschichtlich" auf Christus hin interpretieren, weil sie spirituell von einem spirituell inspirierten, d.h. geistgehauchten, Text Gottes, der das Ende kennt ausgeht. Das ist aber ein wissenschaftliches und historisches No-go. Weil das ein jüdischer Text ist, es aber zu dessen Abfassungszeit Jesus noch lange nicht gab, und auch noch lange keinen eschatologischen Auferstehungsglauben oder eine apokalyptische Vorstellungswelt bei dem menschlichen Verfasser. Ein Toter döste im Verständnis des Verfassers vermutlich taten- und hoffnungslos im Sheol bis in alle Ewigkeit vor sich hin.
Das ist das, was man wissen kann, wozu Wissenschaft Wissen schaffen kann. Alles andere ist Glaube, systematische Theologie und Dogmatik, je nach der Theologie des Exegeten, sei er Katholik, Protestant, konservativ oder progressiv, also immer anders.
Wie will man mit einer ausschließlich zeitlich rückwärtsgewandten historischen Methode spirituell d.h. im christlich konservativen Kontext "heilsgeschichtlich" d.h. zukunftsorientiert bis zum Ende der Zeit interpretieren - ohne die Wissenschaftlichkeit aufzugeben? Das ist vermutlich einer der Gründe, warum progressive Theologien, wie die Prozesstheologie, sich von der überzeitlichen Allwissenheit Gottes verabschiedet haben und ein Gottesbild vertreten, in dem Gott die Zukunft nicht kennt. Da hat "spirituell" einfach andere Inhalte als in konservativen Theologien. Da gibt es auch nichts dran auszusetzen, weil solches genau so falsch oder richtig ist, wie jeder andere Glaube oder jede andere Theologie auch.
Wenn im auszulegenden Text selbst von solchen Dingen die Rede ist, braucht man es nicht "spirituell interpretieren", weil es ja schon spirituell da steht, und so auch schon von der historisch-kritischen Methode möglichst genau ausgelegt und spirituell dargestellt wird. Die historisch-kritische Methode gibt dem Leser keine Spiritualität keinen Glauben vor - nicht mal den, von dem der Text handelt. Den Text für sich, für seinen Verfasser, für seine Zeit sprechen zu lassen. DAS so zu nehmen, ist meine Art des Gottvertrauens in die Heilige Schrift. Der Leser, bzw, ich, ist (bin) frei, das Gelesene zu glauben oder nicht zu glauben. Das empfinde ich schon mal grundsätzlich als Bereicherung durch die historisch-kritische Methode - und auch gerade dazu ist sie angetreten. Dass das manchen nicht passte ist mir auch klar.
Hiob hat geschrieben: ↑Fr 17. Mai 2019, 13:13 - Bei rems Thread geht es um die Frage, wie die HKM bei spirituelller Interpretation bereichernd sein kann.
Wie kommst du da drauf? Rem hat doch aus dem Wiki-Artikel zitiert, und in keinem seiner bisherigen Beispiele spielte "spirituelle Interpretation" eine Rolle, sondern es wurden historische Tatsachen, die sich aus dem Bibeltext nicht erschließen lassen, als Hintergrundinformationen geliefert: Zwangsrekrutierung eines Juden als Lastenträger eine Meile weit. Was soll daran spirituell interpretiert sein?