Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

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jesher

Re: Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

Beitrag von jesher »

Rembremerding hat geschrieben: Fr 17. Mai 2019, 11:19Siehe Threadtitel.
Daran würde ich mich auch halten wollen, weshalb ich Kritik an der HKM nicht ausufern lassen werde. Wie gesagt, halte ich die Textkritik für einen sehr sinnvollen Ansatz, der von konservativen Theologen ebenso betrieben wie kritisch begleitet wird.

Empfehlen kann ich da die HTA (Historisch-theologische Auslegung) Kommentarreihe, welche derzeit für NT an Vollständigkeit zunimmt. Ein echter Gewinn für alle Jesusnachfolger die sich gerne mit dem aktuellen Stand der Forschung beschäftigen, sich tiefgehend mit dem NT befassen wollen und über Kenntnisse des Grundtexts verfügen.
Hiob
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Re: Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

Beitrag von Hiob »

Andreas hat geschrieben: Fr 17. Mai 2019, 11:14 Ist das Lehrgerüst der Archäologie wirklich atheistisch? Von Atheismus habe ich in archäologischer Fachliteratur noch nie gelesen.
Es gibt in der Wissenschaft den stehenden Begriff des "methodischen Atheismus", was aus meiner Sicht sehr sinnvoll ist. - Gemeint ist damit, dass es keine christliche, jüdische oder bhuddistische Methodik geben kann, also der Aufbau einer Untersuchung immer neutral sein muss.

Das Problem: Dieser Begriff "methodischer Atheismus" wurde entgegen seines Sinnes absichtlich oder dümmlich auch interpretativ verwendet: Als dürfe man Texte nicht spirituell interpretieren. - Bei rems Thread geht es um die Frage, wie die HKM bei spirituelller Interpretation bereichernd sein kann.
Rembremerding

Re: Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

Beitrag von Rembremerding »

jesher hat geschrieben: Fr 17. Mai 2019, 11:56 Empfehlen kann ich da die HTA (Historisch-theologische Auslegung) Kommentarreihe, welche derzeit für NT an Vollständigkeit zunimmt.
Diese Reihe ist ein wertvoller Beitrag, man muss sich ihn aber etwas kosten lassen. Die Bücher sind, wie oftmals bei wissenschaftlichen Reihen, ziemlich teuer.
Was man aber beispielsweise bei der Auslegung der Offenbarung beobachten kann: In die wissenschaftliche Bestandsaufnahme fließt bereits eine evangelikale Interpretation hinein, wenn man die Sendschreiben allein als Spiegelung der Kirchengeschichte betrachtet.
So etwas geht gar nicht und das mag wohl jenes sein, was @Andreas kritisiert.

Man muss also sehr vorsichtig sein und jenes unterscheiden können, was man selbst gerne lesen möchte und jenem, was der Text tatsächlich hergibt.
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Andreas
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Re: Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

Beitrag von Andreas »

Hiob hat geschrieben: Fr 17. Mai 2019, 13:13
Andreas hat geschrieben: Fr 17. Mai 2019, 11:14 Ist das Lehrgerüst der Archäologie wirklich atheistisch? Von Atheismus habe ich in archäologischer Fachliteratur noch nie gelesen.
Es gibt in der Wissenschaft den stehenden Begriff des "methodischen Atheismus", was aus meiner Sicht sehr sinnvoll ist. - Gemeint ist damit, dass es keine christliche, jüdische oder bhuddistische Methodik geben kann, also der Aufbau einer Untersuchung immer neutral sein muss.
Deswegen hat man auch mit der "Biblischen Archäologie" aufgehört, weil sie nicht konsequent wissenschaftlich gearbeitet hat und deshalb oft mangelhafte Ergebnisse brachte.
Hiob hat geschrieben: Fr 17. Mai 2019, 13:13Das Problem: Dieser Begriff "methodischer Atheismus" wurde entgegen seines Sinnes absichtlich oder dümmlich auch interpretativ verwendet: Als dürfe man Texte nicht spirituell interpretieren.
Warum bringst du jetzt das Wort "spirituell" ins Spiel? Einen religiösen Text muss man im Sinne der Religiosität des Autors darstellen, d.h. eine sumerische Tontafel muss die sumerische Religiosität im Sinne der polytheistischen Religion der Sumerer darstellen, ein ägyptischer Pyramidentext die ägyptische Religion. Da sind religionsgeschichtliche, aber keine spirituellen Darstellungen gefragt.

Konkret: Eine christlich-spirituelle Interpretation würde beispielsweise die Garten Eden Erzählung "heilsgeschichtlich" auf Christus hin interpretieren, weil sie spirituell von einem spirituell inspirierten, d.h. geistgehauchten, Text Gottes, der das Ende kennt ausgeht. Das ist aber ein wissenschaftliches und historisches No-go. Weil das ein jüdischer Text ist, es aber zu dessen Abfassungszeit Jesus noch lange nicht gab, und auch noch lange keinen eschatologischen Auferstehungsglauben oder eine apokalyptische Vorstellungswelt bei dem menschlichen Verfasser. Ein Toter döste im Verständnis des Verfassers vermutlich taten- und hoffnungslos im Sheol bis in alle Ewigkeit vor sich hin.

Das ist das, was man wissen kann, wozu Wissenschaft Wissen schaffen kann. Alles andere ist Glaube, systematische Theologie und Dogmatik, je nach der Theologie des Exegeten, sei er Katholik, Protestant, konservativ oder progressiv, also immer anders.

Wie will man mit einer ausschließlich zeitlich rückwärtsgewandten historischen Methode spirituell d.h. im christlich konservativen Kontext "heilsgeschichtlich" d.h. zukunftsorientiert bis zum Ende der Zeit interpretieren - ohne die Wissenschaftlichkeit aufzugeben? Das ist vermutlich einer der Gründe, warum progressive Theologien, wie die Prozesstheologie, sich von der überzeitlichen Allwissenheit Gottes verabschiedet haben und ein Gottesbild vertreten, in dem Gott die Zukunft nicht kennt. Da hat "spirituell" einfach andere Inhalte als in konservativen Theologien. Da gibt es auch nichts dran auszusetzen, weil solches genau so falsch oder richtig ist, wie jeder andere Glaube oder jede andere Theologie auch.

Wenn im auszulegenden Text selbst von solchen Dingen die Rede ist, braucht man es nicht "spirituell interpretieren", weil es ja schon spirituell da steht, und so auch schon von der historisch-kritischen Methode möglichst genau ausgelegt und spirituell dargestellt wird. Die historisch-kritische Methode gibt dem Leser keine Spiritualität keinen Glauben vor - nicht mal den, von dem der Text handelt. Den Text für sich, für seinen Verfasser, für seine Zeit sprechen zu lassen. DAS so zu nehmen, ist meine Art des Gottvertrauens in die Heilige Schrift. Der Leser, bzw, ich, ist (bin) frei, das Gelesene zu glauben oder nicht zu glauben. Das empfinde ich schon mal grundsätzlich als Bereicherung durch die historisch-kritische Methode - und auch gerade dazu ist sie angetreten. Dass das manchen nicht passte ist mir auch klar.
Hiob hat geschrieben: Fr 17. Mai 2019, 13:13 - Bei rems Thread geht es um die Frage, wie die HKM bei spirituelller Interpretation bereichernd sein kann.
Wie kommst du da drauf? Rem hat doch aus dem Wiki-Artikel zitiert, und in keinem seiner bisherigen Beispiele spielte "spirituelle Interpretation" eine Rolle, sondern es wurden historische Tatsachen, die sich aus dem Bibeltext nicht erschließen lassen, als Hintergrundinformationen geliefert: Zwangsrekrutierung eines Juden als Lastenträger eine Meile weit. Was soll daran spirituell interpretiert sein?
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Re: Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

Beitrag von Hiob »

Andreas hat geschrieben: Sa 18. Mai 2019, 02:37 Einen religiösen Text muss man im Sinne der Religiosität des Autors darstellen, d.h. eine sumerische Tontafel muss die sumerische Religiosität im Sinne der polytheistischen Religion der Sumerer darstellen, ein ägyptischer Pyramidentext die ägyptische Religion. Da sind religionsgeschichtliche, aber keine spirituellen Darstellungen gefragt.
Je nach wissenschaftlicher Disziplin. - Wenn Du hier für die HKM sprichst, stimme ich Dir zu.
Andreas hat geschrieben: Sa 18. Mai 2019, 02:37 Konkret: Eine christlich-spirituelle Interpretation würde beispielsweise die Garten Eden Erzählung "heilsgeschichtlich" auf Christus hin interpretieren, weil sie spirituell von einem spirituell inspirierten, d.h. geistgehauchten, Text Gottes, der das Ende kennt ausgeht. Das ist aber ein wissenschaftliches und historisches No-go.
Wissenschaftlich ist das KEIN No-Go - auch historisch muss es kein No-Go sein (es könnte ja tatsächlich in der Geschichte so stattgefunden haben). - Es ist historisch-kritisch ein No-Go - das ist was GANZ anderes.

Woher kommt das, dass man "HKM" synonym für "Wissenschaft" setzt und andere theologische Disziplinen nicht? Hat da eine Neusprech-Propaganda-Maschinerie gut funktioniert?
Andreas hat geschrieben: Sa 18. Mai 2019, 02:37 Wie will man mit einer ausschließlich zeitlich rückwärtsgewandten historischen Methode spirituell d.h. im christlich konservativen Kontext "heilsgeschichtlich" d.h. zukunftsorientiert bis zum Ende der Zeit interpretieren - ohne die Wissenschaftlichkeit aufzugeben?
Indem man seine Argumentation systematisch führt und intersubjektiv nachprüfbar macht. - Wir reden doch nicht von PRedigten in der Kirche, sondern von Forschungen etwa zur Frage "Wie ist die Offenbarung verstehbar, wenn Jesus göttlich ist?". - Das ist Wissenschaft, wenn man sich an gewisse Regeln hält.
Andreas hat geschrieben: Sa 18. Mai 2019, 02:37 Das ist vermutlich einer der Gründe, warum progressive Theologien, wie die Prozesstheologie, sich von der überzeitlichen Allwissenheit Gottes verabschiedet haben und ein Gottesbild vertreten, in dem Gott die Zukunft nicht kennt.
Echt? - Mann, sind die dämlich. ------ "Wir kommen methodisch nicht auf die Reihe, ALSO ist Gott nicht allwissend". --- Echt klasse. :lol: :lol: :lol:
Andreas hat geschrieben: Sa 18. Mai 2019, 02:37Da gibt es auch nichts dran auszusetzen, weil solches genau so falsch oder richtig ist, wie jeder andere Glaube oder jede andere Theologie auch.
Was richtig oder falsch ist, wird auf der Objekt-Ebene entschieden - hier: Von Gott. --- Ansonsten stimme ich Dir zu: Jeder darf mit seiner Hermeneutik unterwegs sein.
Andreas hat geschrieben: Sa 18. Mai 2019, 02:37 Wenn im auszulegenden Text selbst von solchen Dingen die Rede ist, braucht man es nicht "spirituell interpretieren", weil es ja schon spirituell da steht, und so auch schon von der historisch-kritischen Methode möglichst genau ausgelegt und spirituell dargestellt wird.
Nee - sehe ich anders:
1) Spirituell interpretieren muss man schon - siehe Apg. 8,30.
2) Die HKM soll eben NICHT spirituell darstellen, sondern Dinge bereitstellen, mit denen man AUF ANDEREN EBENE ALS AUF DER HKM-EBENE die christliche Bibelauslegung bereichern kann.

Die HKM ist heute so theologie-unabhängig, dass die christliche Bibelauslegung von anderen gemacht werden muss.
Faust

Re: Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

Beitrag von Faust »

Andreas hat geschrieben: Sa 18. Mai 2019, 02:37Das ist vermutlich einer der Gründe, warum progressive Theologien, wie die Prozesstheologie, sich von der überzeitlichen Allwissenheit Gottes verabschiedet haben und ein Gottesbild vertreten, in dem Gott die Zukunft nicht kennt
:) Einer der Namen Gottes ist Al-Alim. Der Allwissende. Das war immer so und wird auch immer so sein, denn die Namen beschreiben die ewige Wahrheit. Das führt natürlich im Christentum zu gewissen Problemen: warum weiß Jesus nicht alles, wenn er Gott ist?
Rembremerding

Re: Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

Beitrag von Rembremerding »

Hiob hat geschrieben: Sa 18. Mai 2019, 08:52
Wir reden doch nicht von PRedigten in der Kirche, sondern von Forschungen etwa zur Frage "Wie ist die Offenbarung verstehbar, wenn Jesus göttlich ist?". - Das ist Wissenschaft, wenn man sich an gewisse Regeln hält.
1) Spirituell interpretieren muss man
2) Die HKM soll eben NICHT spirituell darstellen, sondern Dinge bereitstellen, mit denen man AUF ANDEREN EBENE ALS AUF DER HKM-EBENE die christliche Bibelauslegung bereichern kann.
Es macht der Wissenschaft zu recht große Schwierigkeiten, Faktoren in ihre wissenschaftliche Arbeiten miteinzubeziehen, die "unwissenschaftlich" sind. Aber gerade bei spirituellen Texten muss man eben auch die Transzendenzfähigkeit des Textverfassers würdigen. Was nützt es etwa über die Parusie zu sprechen, wenn man überhaupt nicht akzeptiert, was und wer da dann "Beisein" wird oder soll?

Wenn man etwa in den Schöpfungsmythen in verschiedenen Kulturen auf ähnliche Elemente trifft, dann neigt die materialistisch geprägte Wissenschaft dazu hier ein Abschreiben voneinander anzunehmen oder eine Durchdringung/Wanderung von Erzählmotiven. Der Vorgang wird auf einer rein intellektuellen, zeitlichen und verfahrenstechnischen Ebene reduziert.
Ignoriert wird meist der psychologische Aspekt und natürlich die Empfänglichkeit des Menschen etwas außerhalb seiner wahrnehmen zu können. Es ist die Grenze zwischen Wissenschaft und Glaube, welche dieselben Phänomene von zwei Seiten betrachten. Doch die Theologie will nicht konkrete Vorgänge der Naturwissenschaft erklären und Naturwissenschaft kann nicht Theologie erklären.

Deshalb kommt dein Punkt 2 zum Tragen: Es ist wie die Übergabe eines Staffelstabs, bei dem die HKM Voraussetzungen schafft einen Text dann mittels der Theologie auch spirituell zu verstehen, denn in diesem geistigen Umfeld ist er ja entstanden.
Das gelingt aber auch in die andere Richtung, was oft und gerne von der Wissenschaft übersehen wird.

Servus :wave:
Rembremerding

Re: Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

Beitrag von Rembremerding »

Faust hat geschrieben: Sa 18. Mai 2019, 09:06 :) Einer der Namen Gottes ist Al-Alim. Der Allwissende. Das war immer so und wird auch immer so sein, denn die Namen beschreiben die ewige Wahrheit. Das führt natürlich im Christentum zu gewissen Problemen: warum weiß Jesus nicht alles, wenn er Gott ist?
Weil er wahrer Mensch und wahrer Gott ist, das ist doch gerade das Wunderbare (aber OT).

Mittels HKM die Allwissenheit Gottes widerlegen zu wollen, ist, wie mittels einer Bohrmaschine einen Nagel in die Wand zu schlagen, um ihn zu nichts zu verwenden. :)
Faust

Re: Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

Beitrag von Faust »

Rembremerding hat geschrieben: Sa 18. Mai 2019, 09:41Mittels HKM die Allwissenheit Gottes widerlegen zu wollen, ist, wie mittels einer Bohrmaschine einen Nagel in die Wand zu schlagen, um ihn zu nichts zu verwenden. :)
Ja, ich fragte mich auch, wie Andreas von der HKM plötzlich dazu kommt die Allwissenheit Gottes zu leugnen :? Er hat an anderer Stelle schon mal seine Allmacht geleugnet. Da bleibt von Gott nicht mehr viel übrig, wenn wir alle seine Namen und Eigenschaften abziehen, die ihn als Gott qualifizieren.
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Andreas
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Re: Wie die HKM die christliche Bibelauslegung bereichern kann

Beitrag von Andreas »

Faust hat geschrieben: Sa 18. Mai 2019, 09:45 Ja, ich fragte mich auch, wie Andreas von der HKM plötzlich dazu kommt die Allwissenheit Gottes zu leugnen :? Er hat an anderer Stelle schon mal seine Allmacht geleugnet. Da bleibt von Gott nicht mehr viel übrig, wenn wir alle seine Namen und Eigenschaften abziehen, die ihn als Gott qualifizieren.
Weder leugne ich etwas, noch erkläre ich etwas zur Wahrheit. Ich habe lediglich erwähnt, dass Gott in der Prozesstheologie die Zukunft nicht kennt, was aber nicht heißt, dass ich das glauben würde, was Prozesstheologen lehren.
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