Austausch mit einem russischen Brieffreund
hier: Antwort auf die Frage (s. dort) nach der Zufriedenheit mit den Lebensverhältnissen
Erziehung zum Duckmäusertum ...?
„Ich habe die Zeit des Zerfalls der UDSSR erlebt. Ich denke, dass die Menschen bis dahin anspruchsloser lebten, bescheidener jedenfalls, als wir uns das heute als wünschenswert vorstellen. Und ich denke, dass sie zufriedener waren.
Aber niemand war reich. Die oberste Macht hatte alles.
Gewöhnliche Menschen lebten nur von Tag zu Tag. Aber es gab Pluspunkte: Die Regierung baute Häuser, verteilte kostenlos Wohnraum.
Mit anderen Worten:
In Russland, außerhalb der Großstädte, wo ich heute mit meiner Familie lebe, leben die Menschen sehr schlecht, wenn man das zum Beispiel mit Deutschland vergleicht. Das Geld reicht kaum für Lebensmittel. Es gibt auch keine Jobs, und wenn, dann sind die Gehälter sehr niedrig.
In Großstädten gibt es noch Arbeit;
Kleinstädte sterben still und leise, und viele abgelegene Dörfer sind längst ausgestorben.
Um auf Deine Frage zu antworten:
Ich habe darüber nachgedacht, wie die Menschen in Russland unter dem Sowjetsystem erzogen wurden.
Meine Antwort: zu Sklaven.
Die Sowjerbürger wurden zu gehorsamen Sklaven erzogen. Ihr Wille ist gelähmt. Sie haben Angst, frei zu denken. Ihre Meinung wird durch Fernsehen und Zeitungen gebildet.
.Es gibt keine Gedankenfreiheit.
(Ich schweige lieber, als meine Gedanken auszudrücken ...)
Meine Eltern waren auch so erzogen.
Ich kenne von meinen Eltern nur Schweigen und Aushalten. Das ist der Unterschied zu dem Leben bei euch:
Nur Aushalten und Schweigen, statt etwas zu unternehmen und zu reden.
Das jetzige Russland hat keine Zukunft, genauso wie Sklaven keine Zukunft haben.
Als ich in Deutschland war, war ich überrascht, dass ein durchschnittlicher Mensch ein sehr anständiges Leben führen kann. Er muss sich kein Kopfzerbrechen machen, wie er seine Familie ernähren soll. Zu kaufen gibt es für die meisten in Hülle und Fülle.
So etwas wie in Deutschland wird man in Russland definitiv nicht sehen.“
Auf meinen Einwand,
ich wisse aber von einer seit drei Jahren hier lebenden und mit einem Deutschen verheirateten jungen Russin, dass die lieber in ihr Heimatdorf in Sibirien leben wollte. Seine Antwort:
"Ich denke, diese glücklichen Menschen haben viel Geld

Ich habe in Russland noch nie glückliche arme Menschen getroffen

"