Hiob hat geschrieben: ↑Fr 14. Jan 2022, 23:55Gleichzeitig gräbst Du Kartoffeln aus, erzählst ihr, dass sie nicht "ist" - und isst sie dann.

-- Ehrlich: Ich habe noch nie erlebt, dass jemand das Sein als Solches in Frage stellt.
Ähem:
Hiob hat geschrieben: ↑Do 13. Jan 2022, 23:05Jack Sparrow hat geschrieben: ↑Do 13. Jan 2022, 22:49
ein ist durch gar nichts definiert. Sein ist eine Erfindung von Philosophen.
Sehr merkwürdig. - Wenn es also eine Galaxie irgendwo in einer Entfernung von 4 Milliarden Lichtjahren gibt, ist sie eine Erfindung von Philosophen? Ist Dein Ich eine Erfindung von Philosophen?
- Denn wäre diese Infragestellung erfolgreich, wäre alles incl. uns NICHTS.

Du musst hier auf die Doppeldeutigkeit von “das Sein” achten. Wie im letzten Beitrag: Vgl. “das Meer”. Damit kann man einmal ein bestimmtes Meer, wie die Nordsee meinen. Oder das Weltmeer.
“Das Sein” relativ gesehen, wie “das Sein der Kartoffel” ist okay. Aber absolut gesehen, wie du es tust, eben nicht. Das ist ein unverständliches Konstrukt.
Hiob hat geschrieben: ↑Fr 14. Jan 2022, 23:55Nicht in Bezug auf seine Erscheinungsformen. - Das Sein von H2O kann flüssig, eisig und luftig sein.
Na, wenn sich die Unterschiede nur auf Aggregatzustände reduzieren würden… damit würden wir fertig werden. Aber leider ist “das Sein” in absoluter Universalität nicht so einfach zu fassen (“Da ist kein Loch”). Tatsächlich es gar nicht zu fassen. Es verweist auf nichts. Kontextlos zu sagen “X existiert” ist inhaltsleer.
Hiob hat geschrieben: ↑Fr 14. Jan 2022, 23:55Ich verstehe Dich nicht. - Der Kern ist: Das, woraus Erscheinungen sind, muss von uns nicht entschlüsselbar sein (vielleicht sogar: ist aus Prinzip nicht entschlüsselbar). - Das Postulat des Seins ist nur anfechtbar, wenn man alles als Nichts versteht. Wie dies gehen soll, ist mir ein Rätsel.,
Offensichtlich. Aber mir persönlich erscheint das auch nicht falscher als dein Ansatz.
So obskur, wie du es darstellen willst, ist es i. Ü. nicht. Z. B. vertritt die
Herz-Sutra, dass alles, alle Phänomene, letztlich Shunyata (Nichts, Leerheit) sind – “Form ist nicht verschieden von Leere, Leere ist nicht verschieden von Form”.
Hiob hat geschrieben: ↑Fr 14. Jan 2022, 23:55 Du verwechselst "inhaltsleer" mit "für uns nicht definierbar".
Na, es gibt wohl schon eine “Definition” von “das Sein”: “die Zusammenfassung von allem, was existiert”. Und gerade das zeigt das Problem darin auf, nämlich dass hier “existieren” absolut verwendet wird, während wir es nur relativ verstehen können.
Hiob hat geschrieben: ↑Fr 14. Jan 2022, 23:55Nein - weil mit "Sein" oder "Gott" ja abgesteckt wird, dass es um das Höchste gibt, das nicht verständlich für uns ist. - Insofern hat dies schon semantischen Gehalt.
Gott ist das Höchste Wesen. Warum du das Sein als “das Höchste” propagierst, ist mir schleierhaft.
Hiob hat geschrieben: ↑Fr 14. Jan 2022, 23:55Weiß ich nicht - müsste ich nachlesen. - Weißt Du's?
Weil Descartes’s Weltbild mechanistisch ist. D. h. die Natur ist nicht beseelt, wird nicht von Gott erhalten. Und damit wirkte seine Philosophie deistisch, ergo unchristlich.
Blaise Pascal hat geschrieben:Das kann ich Descartes nicht vergeben: er wäre gern in seiner ganzen Philosophie ohne Gott ausgekommen; aber er konnte sich nicht enthalten ihn einen Anstoß geben zu lassen um die Welt in Bewegung zu setzen, nachher hat er nichts mehr mit Gott zu tun.
Hiob hat geschrieben: ↑Fr 14. Jan 2022, 23:55Nein. - Es sei denn, man verwildert Sprache so, dass es am Ende nur noch Laute sind. - Dann habe ich halt 4 Zylinder - denn warum sollte sich ein Auto von mir unterscheiden? (Außerdem würde ich mich diskriminiert fühlen)

Das ist jetzt sehr aus dem Kontext gerissen. Das volle Zitat war:
Claymore hat geschrieben: ↑Fr 14. Jan 2022, 23:03Wobei natürlich “Ich” genauso viel Bedeutungsschattierungen wie “Sein” zulässt. Jedenfalls muss es hier weiter gefasst werden als eine bloße Selbstreferenz. So ein “Ich”
hat auch Alexa.
Ich spreche Alexa also kein menschliches Ich zu.
Hier ging es um dein Verständnis von Ich als Selbstreflexion oder Selbstreferenz, d. h. Informationen über die eigene Struktur. Das ist einfach zu wenig für ein menschliches Ich. Ein solches “Ich” (Achtung Einschränkung! Achtung Anführungszeichen!) hat auch Alexa.
Geh doch mal echt (also jenseits von Bonmots und Klamauk) auf die Argumente ein: Warum ist denn nun Selbstreflexion im Sinne der Informatik
Wikipedia: Reflexion (Programmierung) hat geschrieben:Im Prinzip kann Maschinencode im RAM, der von einem Mikroprozessor ausgeführt wird, als reflexiv betrachtet werden. Ein solches Programm ist in der Lage, seine Anweisungen wie Daten zu behandeln und kann deshalb seine Struktur analysieren und verändern.
nicht ausreichend? Vielleicht kommen wir ja dann weiter…
Hiob hat geschrieben: ↑Fr 14. Jan 2022, 23:55Das ist ein dickes Brett. - Da müsste man diskutieren, was verschiedene Kulturen unter "Ich" verstehen. - Warum der Dalai Lama es so macht, wie Du sagst, weiß ich nicht. Es kann auch etwas Rituelles sein.
Ich habe deswegen doch extra “phänomenales Bewusstsein” geschrieben. Auch der Dalai Lama streitet nicht ab, dass er etwas erlebt. Vor Descartes hat man aber dieses Erleben oder phänomenale Bewusstsein nicht mit dem Ich gleichgesetzt.
Hiob hat geschrieben: ↑Fr 14. Jan 2022, 23:55Diese Formulierung kenne ich nicht - zumal sie sich selber widerspricht. Denn wie kann etwas "Objekt" sein und gleichzeitig nur aus "Eigenschaften" bestehen?
Das war damit nicht gemeint. Sondern nur, dass sich die Eigenschaften, die das Objekt hat, nach Descartes allein in quantitativen Eigenschaften erschöpfen. Die Süße des Honigs ist nicht real für ihn sondern wird vom Menschen drauf projiziert. Und somit ist auch die Schönheit der Welt eine reine Projektion – die übliche Entwertung der Natur durch den Cartesianismus.
Hiob hat geschrieben: ↑Fr 14. Jan 2022, 23:55Diese Frage ist nach wie vor qualitativ offen. -Oberflächlich kann man schnell zum Ergebnis kommen "Tiere haben ein Ich", wenn man "Ich" dementsprechend definiert - dann geht auch Kühlschrank. ---
Das ist nur Klamauk, der uns nicht weiter bringt. Dein Problem ist, dass du das Ich im Cogito mit deinem geistlichen Ich gleichsetzt. Obwohl das Cogito nichts dergleichen beweist. Es kann nicht mal beweisen, dass da ein in der Zeit fortdauerndes, geeintes, denkendes Subjekt vorliegt.
Im Grunde müsste man die alten Philosophien vollkommen neu übersetzen, um sie in unserem Neusprech verständlich zu machen. - Aber genau das ist ja nicht das Ziel, sonst gäbe es diesen Neusprech nicht.
Ich verstehe dich nicht so ganz. Aber wenn es dir irgendwie hilft, über die heutige Zeit zu jammern, na dann.
“Ich” oder “Person” sind Worte mit sehr starken ethischen und weltanschaulichen Konnotationen, die auch normativ sind; sie entfalten eine Macht, insbesondere im politischen Kontext, die über simple Unterscheidungen von Bedeutungsdefinitionen hinausgeht.
Anderes Beispiel: Nimm “Ist Waterboarding eine Form von Folter?” Da setzt sich auch niemand hin und fragt kühl-analytisch nach der Definition von “Folter”. Denn Folter ist unserer Gesellschaft ein
normativer Begriff.
Wer also sagt “Waterboarding
ist Folter”, der sagt nicht nur “es fällt unter meine Definition des Wortes”. Nein, der macht eine normative Aussage, nämlich dass Waterboarding in einem zivilisierten Land geächtet sein sollte. “Waterboarding ist Folter”, “Waterboarding ist keine Folter” ist nicht bloß Definitionssache, so wie der ein Unterschied zwischen technischer und physikalischer Stromrichtung.
Hiob hat geschrieben: ↑Fr 14. Jan 2022, 23:55Hat Descartes das Menschliche Ich mit Gott gleichgestellt? Kann ich mir nicht vorstellen.
Hat er wohl – beide sind letztlich ein res cogitans. Aber in dem Absatz habe ich das nicht behauptet, nur dass Descartes das phänomenale Bewusstsein irgendwie zumindest mit dem Intellekt verschmolzen hat. Eine radikale Abweichung von mittelalterlicher und antiker Philosophie.
Hiob hat geschrieben: ↑Fr 14. Jan 2022, 23:55Gute Frage. - Im Idealfall ist es in der Tat nicht nötig, wenn es einen geistlichen Common Sense gibt, wo man nicht alles von Grund auf erklären muss. - Möglicherweise ist Philosophie tatsächlich ein Indikator für den Verlust von geistlichem Instinkt, der sprachfrei sein kann.
Bitte? Meinst du man kann Philosophie ohne Etikettierungen nicht betreiben?
Hiob hat geschrieben: ↑Fr 14. Jan 2022, 23:55Längst nicht, weil wir (wie üblich) eigentlich noch VOR dem Anfang stehen. - Meine "Ideologie" besteht aus der Aussage "Das, was IST, ist unabhängig von unserer emotionalen, wissenschaftlichen, vernünftigen, geistlichen Wahrnehmung". - Das ist alles. - Wo ist hier ein Kipppunkt?
Das ist die eine Richtung, die harmlose. Der Kipp-Punkt tritt bei der umgekehrten Richtung auf:
Hiob hat geschrieben: ↑Mo 3. Jan 2022, 23:22Das Sein ist eine Blackbox, aus der alles kommt, die sich aber nicht in sich hineinschauen lässt.
Hiob hat geschrieben: ↑Fr 14. Jan 2022, 23:55Wenn man also sagt, Anthropozentrismus, Relativismus und Fideismus seien ein Irrweg, wird diese Aussage, dass Anthropozentrismus, Relativismus und Fideismus ein Irrweg seien, selber zum Anthropozentrismus, Relativismus und Fideismus - richtig?
Nein.