Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?
Verfasst: Do 6. Jan 2022, 23:25
Ob man geistlich bewusst zu sich "Ich" sagen kann.Jack Sparrow hat geschrieben: ↑Do 6. Jan 2022, 21:48 Worin genau unterscheidet sich eine Person von einer Nichtperson?
Eben NICHT. - Selbst unsere Kommunikation könnte eine Einbildung von mir sein - und meine Frau plus 4 Kinder ebenfalls. - Selbstverständlich GLAUBE ich, dass das alles echt ist, aber nachweisen kann ich es nicht. - NB: Wissenschaftliche Nachweise helfen hier nichts, weil selbst meine Wahrnehmung einer Messreihe Einbildung sein könnte.Jack Sparrow hat geschrieben: ↑Do 6. Jan 2022, 21:48 Wir können wissen, was Entitäten sind. Beispiel: Ich treffe meine echte Nachbarin.
Natürlich nehme ich es wahr, wenn mich meine Frau anfasst - aber ich kann nicht nachweisen, ob mich da eine Entität anfasst oder meine eigene Vorstellung. - Solche Überlegungen dienen (auch bei Descartes) nicht ernsthaft der Frage, ob die Nachbarin "echt" ist. Sie dienen vielmehr der Erkenntnis, dass man diese "Echtheit" GLAUBEN muss, weil man sie wissenschaftlich nicht nachweisen kann - es sei denn, man GLAUBT, dass das, womit sich Wissenschaft beschäftigt "echt" ist.
Popper hat das gewusst, indem er (überm Daumen) gesagt hat, dass er seine Methodik anwendet bei dem, was wir gemeinhin als Wirklichkeit bezeichnen - er hat also ontologische (sensu traditionell) Überlegungen und fundamental-skeptizistische Überlegungen vermieden (weil er wusste, dass es in ein Unlösbares führt). Popper hat schlicht nach dem gesucht, an dem sich seine Methodik anwenden lässt - alles andere (bspw. Metaphysik) war im wurscht, weil er da mit seiner Methodik nicht rankommt.
Auch Descartes war im Grunde praktisch orientiert - er ist ganz sicher kein Mystiker. Ihm ging es darum (in heutigen Worten), die Grenzen der Wissenschaft aufzuzeigen - oder anders: zu zeigen, dass Wissenschaft nur dann Sinn macht, wenn man etwas Glaubendes voransetzt. - Das heißt: Wissenschaft klärt unendlich viel in der praktischen Welt, aber sie kann die Welt prinzipiell nicht in ihrer Gänze erfassen. Da fehlt was.
Ja, aber anders als Du denkst. - Auch geistliche Wahrnehmung kann sich nie ihrer selbst absolut sicher sein - so wie bei der Nachbarin auch (s.o. Descartes). - Dies hängt damit zusammen, dass der Mensch nur sein Cogito hat, welches nicht absolut ist.Jack Sparrow hat geschrieben: ↑Do 6. Jan 2022, 21:48 Ich vermute der Unterschied zwischen geistlicher Wahrnehmung und echter Wahrnehmung gestaltet sich ähnlich wie der Unterschied zwischen vorgestellter Nachbarin und echter Nachbarin.
Philosophie hat (wenn man sie nicht oberflächlich betreibt) den Vorteil, dass sie in Bereiche hineindenken kann, die wissenschaftlich nicht erreichbar, da nicht modellierbar sind. Fragen wie "Wo gehen wir am Ende hin" MUSS die Wissenschaft beantworten mit "30% in den Sarg, 70% in die Urne". Die Philosophie, Theologie und übrigens auch Künstler können hier weiter gehen - allerdings ohne Gewähr. - Andererseits sollte es stutzig machen, wenn voneinander unabhängige Kulturen unterm Strich die selben Themen haben. - Mit Wieland gesagt: "Geist ist nicht beweisbar, aber er erkennt sich gegenseitig".Jack Sparrow hat geschrieben: ↑Do 6. Jan 2022, 21:48 Philosophie überschreitet ebenfalls nicht diese Grenzen. Das kann sie gar nicht, da es sich sowohl bei Philosophen als auch bei Wissenschaftlern jeweils um Menschen handelt und alle Menschen mit vergleichbaren Sinneskanälen ausgestattet sind.