Sunbeam hat geschrieben: ↑Di 28. Jun 2022, 13:31
Hier sehe ich, auch noch nach so langer Zeit einen "judikativen Einsatz" der Medien durchaus als gerechtfertigt an.
Aus meiner Sicht verstößt dies gegen die Verfassung. - Gehen wir es mal durch (bleiben wir beim Banküberfall, damit es nicht gleich wieder emotional wird):
* 1990: Sunbeam überfällt eine Bank. Sunbeam wird nie gefasst. - Bis:
* 2022: Aus irgendeinem Grund kommt, meinetwegen wegen DNA, raus, dass Sunbeam der Täter war.
* 2022: Staatsanwalt und Gericht stellen fest:
# Die Sache ist hoffnungslos verjährt. Sunbeam darf sogar das Geld behalten.
# Ergo: Kein Urteil.
# Somit: Unschuldsvermutung, weil diese erst erlischt, wenn ein Urteil gefällt ist.
* 2023: Der Journalist Hiob kommt und veröffentlicht: Sunbeam war der Räuber - inhaltlich nachweisbar.
* 2023: Sunbeam verklagt Hiob wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte und fordert Schadensersatz. - Hier meine ich, dass Sunbeam recht bekommen müsste.
Übertrage dies auf den Missbrauchs-Skandal.
Noch was kommt dazu: Neben der Verfassungs-Missachtung gibt es seitens der Medien beim Missbrauchsskandal auch noch eine Missachtung grundlegender Regeln der Geschichtswissenschaften - nämlich dass man ein Geschehen bewerten muss nach der Wirklichkeit der Zeit, in der sie geschehen sind.
Ich habe mir die Mühe gemacht, das Gercke-Gutachten zu lesen (800 Seiten). Dort bleiben 24 oder 36 (ich weiß es nicht mehr genau) Fälle übrig, für die die Kirche überhaupt kritisierbar ist (das ist weniger, als medial kolportiert wird). - Das Interessante: Davon sind weniger als ein Drittel Missbrauch im Sinne der Zeit, als es geschehen ist. - Warum? Weil in den letzten Jahren der Begriff "Missbrauch" derart aufgeweicht wurde (damit man möglichst viele Fälle haben kann), dass darunter Dinge gewertet werden, die auch zu meiner Zeit als komplett harmlos galten. - Beispiel: Ich habe gerne meine Nichten zwischen Tür und Türstock eingeklemmt, wenn sie irgendwo reinkamen, und habe ihnen im Haar rumgewuschelt. Die wussten dann immer, dass ich als Buße ein Eis spendieren würde.

- Diese Nichten sind jetzt Damen in den 20ern und ich habe sie mal gefragt, ob sie das im Nachhinein als Nötigung oder gar Missbrauch ansehen würden. - Die haben mich nur angeguckt ungesagt: "Wer so was meint, hat nicht alle Tassen im Schrank".
Genau von solchen Fällen ist in der "Missbrauchs-Liste" gegen die Geistlichen die Rede - oft sogar. - ALLERDINGS: Es gibt einige Fälle, die sind richtig hammerhart - also schwerer Missbrauch. - Aber das muss man doch unterscheiden - tut man aber nicht.
Ein Fall ist dabei, bei dem ich so sehr den Kopf geschüttelt habe, dass ich fast zum Physiotherapeuten musste. Da schreibt der Gutachter (aus dem Gedächtnis): "Hier hat die Kirche alles richtig gemacht, auch dem Opfer gegenüber. Aber es gibt da 4 Verstöße". - NB: Ein Bischof musste wegen EINES Verstoßes zurücktreten. - Diese Verstöße sind rein formaller Art ("nicht im Vatikan gemeldet"/"für Akten grünes statt gelbes Papier benutzt" (Achtung: Satire - aber nah dran). - Das ist blanker Irrsinn.
Je tiefer Du Dich einarbeitest, desto mehr wirst Du merken:
1) Es gab echten Missbrauch - allerdings in der Minderheit der Fälle.
2) Es gab das, was damals nicht als Missbrauch galt, aber heute so genannt wird - in der Mehrheit der Fälle.
3) Es gibt reine Formfehler, die als Häkchen in der Rubrik "Missbrauch" missbraucht werden.
Für mich ist der größere Skandal nicht die Kirche, sondern der Journalismus zu dieser Sache.